Der Münzschatz von Naundörfchen
Bei Schachtarbeiten zum Bau eines Umspannwerkes am 9. Juli 1976 in der Leipziger Lessingstraße stießen Arbeiter auf ein mit Münzen gefülltes Tongefäß. Insgesamt 129 Kupferpatinierte Münzen kammen zum Vorschein. Das Tongefäß, das aus mittelalterlicher blaugrauer Irdenware besteht, wurde leider beim Ausschachten zerstört. Eine erste Untersuchung der Münzen ergab, dass das Gefäß samt Münzen vermutlich noch vor 1400 in der Erde versteckt wurden ist.
Die Lessingstraße liegt gegenüber der Nordwestecke des Leipziger Stadtkerns und gehörte im Mittelalter zu einer Siedlung, die als das Naundörfchen bezeichnet wurde. Südlich der alten West-Ost-Straße, der via regia (heutige Jahnallee), befand sich bis zur Reformation die bereits im 11. Jahrhundert erwähnte Jacobskirche. Im Süden schloss sich das Naundörfchen an, das von vier Wasserläufen eingefasst war. Erst 1503 ging es in den Besitz der Stadt Leipzig über. Das Naundörfchen lag stets ungeschützt außerhalb städtischer Befestigungsanlagen und bewahrte sich dadurch den Status einer selbstständigen Siedlung mit dörflichem Charakter. Es wurde zur Heimat der Handwerker, Kleinhändler und Fischer, bevor es im 2. Weltkrieg nahezu gänzlich durch Bomben zerstört und danach nicht wieder aufgebaut worden ist.
Alle 129 Münzen, die zweifelsfrei als Meißner Groschen identifiziert werden konnten, sind bis auf zwei in der gemeinschaftlichen Münzstätte in Freiberg geprägt worden und weisen nur geringe Gebrauchsspuren auf. Sie zeigen auf der Vorderseite ein Kreuz in Vierpass und auf der Rückseite den Meißner Löwen im Profil. Die ältesten Münzen stammen aus den Jahren ab 1360, die jüngsten wurden 1395 geprägt.
Vermutlich hat ein Handwerker oder ein Kleinhändler über einen Zeitraum von mindestens 35 Jahren die Münzen gespart und in einem Topf gesteckt. Zur Verwahrung vergrub er die Ersparnisse auf seinem Hof im Naundörfchen und konnte sie aus unbekannten Gründen nicht mehr bergen.