Auf dem Weg zum neuen Naturkundemuseum Leipzig
Interventionen
Insgesamt zwölf Interventionen in knalligem Orange verdeutlichen seit April 2019, welche Richtung das Naturkundemuseum Leipzig künftig einschlägt. Barrierefreiheit, Inklusion und Partizipation sind nicht nur Schlagworte, die in diesem Kontext zu nennen wären, sondern reale Konzepte, die bei einem Besuch erfahrbar werden. Farbig markierte Flächen stellen die Maximen des neuen Museums vor. Diese sind aber nicht endgültig, sondern unterliegen dabei einem steten Anpassungs- und Optimierungsprozess. Sie sind veränderbar und wachsen zwischen Feedback, Anforderungen und Wünschen hin zu einem im Dialog entstehenden neuen Museum.
Folgende Interventionenn sind im Museum zu sehen:
Museum kann mehr, wenn...
- ...alle Wege offen sind!
- ...alle mitmachen dürfen.
- ...man sich kritisch hinterfragt.
- ...wir vergessenen Genies eine Bühne geben.
- ...man den Fokus aufs Wesentliche lenkt.
- ...man klar Sicht hat.
- ...Geschichten lebendig werden.
- ...man in längst vergessene Welten eintauchen kann.
- ...wir zusammen diskutieren.
- ...wir Blicke hinter die Kulissen ermöglichen.
Außerdem:
- Auf den Zahn gefühlt! - Wie groß konnten die fossilen Hai der tertiären Nordsee werden und woher wissen wir das?
- Emil Adolf Roßmäßler - Beim Umzug ins neue Museum packe ich gerne mit an!
Museum kann mehr, wenn alle Wege offen sind!
Historische Gebäude bringen zumeist größere Herausforderungen mit sich. Das tun sie vor allem dann, wenn sie denkmalgeschützt sind. So ist es beispielsweise schwierig, derlei Gebäude barrierefrei umzubauen. Doch auch der Brandschutz und die Entfluchtung können Probleme darstellen. Im jetzigen Museum ist genau das der Fall, unser Haus ist an strenge Vorschriften gebunden. Daher darf nur eine bestimmte Anzahl an Menschen zur gleichen Zeit in die oberen Etagen. Auch wenn das manchmal ärgerlich sein mag - Sicherheit geht vor!
Museum kann mehr, wenn wir vergessenen Genies eine Bühne geben.
Licht ins Dunkel bringen, Unbekanntes erkunden und Neues erforschen - das hat Frauen und Männer aus Leipzig und der ganzen Welt zum Aufbruch in neue Welten bewogen. Manche dieser Globetrotter und ihre Leistungen sind noch heute in aller Munde, wie beispielsweise Alexander von Humboldt. Andere unter ihnen, wie Eduard Friedrich Poeppig, sind weitgehend vergessen. Ihre zum Teil phänomenalen Leistungen in der Erforschung und Erkundung der Welt und ihrer Natur fristen ein Schattendasein. Doch sie gehören herausgehoben aus dem Dunkel der Archive und Magazine! Wer unter Strapazen und Entbehrungen wagemutig und ausdauernd die (Leipziger) Wissenschaft vorangebracht hat, der gehört ins Rampenlicht.
Museum kann mehr, wenn man klare Sicht hat.
Sobald man einen Ausstellungsraum betritt, weiß man für gewöhnlich direkt, welches Thema im Mittelpunkt steht. Hierbei helfen unverstellte Sichtachsen, aber auch Vitrinen, die einen klaren Durchblick ermöglichen. Dass unsere Scheiben mit einem dünnen Staubfilm überzogen sind, liegt an ihrem Alter. Zwar wurden sie versiegelt, um Staub von außen fern zu halten, allerdings bildet sich der Staub in den Vitrinen, da sie zum Beispiel mit natürlichen Stoffe, Erden und Sedimenten gestaltet wurden. Die Reinigung gestaltet sich extrem schwierig und scheitert nicht selten daran, dass die Schaukästen gar nicht mehr geöffnet werden können. Im neuen Naturkundemuseum Leipzig sollen daher gut zugängliche und damit wartungsfreundliche Vitrinen zum Einsatz kommen.
Museum kann mehr, wenn man in längst vergessene Welten eintauchen kann.
Wer Museen besucht, nimmt häufig neue Ideen oder Informationen mit nach Hause. Diese können im Rahmen einer Führung oder durch die Ausstellung selbst vermittelt worden sein. Inhalte bleiben besonders dann gut in den Köpfen hängen, wenn sie möglichst viele Sinne und unsere Fantasie ansprechen. Was gibt es schöneres, als das Hier und Jetzt für einen Augenblick zu vergessen und in längst vergangene Welten eintauchen zu können?
Museum kann mehr, wenn wir zusammen diskutieren.
Umbau des "Gewässerraumes" zu einem lebendigen offenen Konzept-Raum, einem "Open Lab" - hier treffen wir uns zu Konzeptgesprächen, genauso wie der Jugendaufsichtsrat, die Freunde des Naturkundemuseums und weitere. An den Wänden sind die Ergebnisse der Konferenzen/ Besprechungen/ Workshops zu sehen. Hier können die guten Ideen des Jugendaufsichtsrates präsentiert werden oder auch das "rote Netz" für das Neue Naturkundemuseum. Der Raum ist als Diskussionsforum mit Ergebnispräsentation gedacht. Der Raum ist ein wichtiger Punkt der Intervention.
Museum kann mehr, wenn wir Blicke hinter die Kulissen ermöglichen.
Naturkundemuseen sind Orte des Schauens und Staunens. Aber sie sind auch Orte der Wissenschaft, an denen gesammelt, bewahrt und beforscht wird. Objekte, Proben, Präparate sowie Dokumente aus Flora, Fauna, Geologie und Archäologie bilden einen einzigartigen Wissensschatz und einen unschätzbaren Genpool. Beides gilt es zu erhalten und zu pflegen, um auch zukünftigen Generationen einen Blick auf die Welt in all ihrer Vielfältigkeit zu ermöglichen. Da unsere Sammlungen durch aktuelle Forschungen, Neufunde und Schenkungen beständig wachsen, platzen sie faktisch aus allen Nähten. Wir brauchen für die Zukunft neue angemessene Räume, um den reichen Bestand lagern, zeigen und erforschen zu können.
Auf den Zahn gefühlt! - Wie groß konnten die fossilen Hai der tertiären Nordsee werden und woher wissen wir das?
Vor 35 Millionen Jahren lag Leipzig unter Wasser. In der sogenannten tertiären Nordsee schwammen riesige Haie, auf deren Existenz fossile Zähne, wie der im Museum gezeigte Zahn von Otodus (Carcharocles) angustidens, Hinweise geben. Um anhand einzelner Zähne auf die Größe des Hais zu schließen, benötigen Paläobiologen gemäß aktueller Forschungen mindestens ein komplettes Set einer Zahnreihe eines artverwandten Individuums. Diese Informationen werden dann mit den Daten heute lebender Verwandter, wie etwa Makos oder Weißhaien, verglichen. Über Korrelation der Daten lässt sich die Größe der fossilen Hai-Art schließlich berechnen.